KONZEPTION UND KURZDARSTELLUNG
WAGENPLATZ UND MOBILE KULTURWERKSTATT
Dieses Kapitel führt in die Projekte „Wagenplatz“ und „Mobile Kulturwerkstatt“ im Allgemeinen ein. Das Konzept umfasst die Hintergründe der Idee „Mobile Kulturwerkstatt“ und Zielsetzung und Arbeitsprinzipien. Faktoren, die auf Kooperationsprojekte unmittelbar einwirken, werden beschrieben wie auch der zeitliche und räumliche Rahmen. Die Beschreibung der Wägen und die möglichen Angebote zeigen die Umsetzung des Konzeptes auf. Anhand von mehreren Projektbeispielen wird die Vielseitigkeit der Mobilen Kulturwerkstatt sichtbar.
Entstehung
Anlässlich der immer größer werdenden Anzahl von Menschen, die sich für ein Leben in einem mobilen Zuhause entscheiden und den dadurch entstehenden Diskrepanzen mit der öffentlichen Ordnung, wurde in Würzburg der Verein Wagenkollektiv Würzburg e.V. gegründet.
Basierend auf den Erfahrungen einer Gruppe von z.Zt. sechs Menschen, die, zum Teil schon seit mehreren Jahren, in individuell aus- oder umgebauten Lkws, Bauwägen, Wohnwägen, Anhängern und Wohnmobilen leben, will der Verein mit der Gründung eines Wagen- und Kulturplatzes zeigen, wie sich gemeinwesenorientierte Kulturarbeit mit Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen in Zusammenhang mit einer alternativen Lebens – und Wohnform gegenseitig ergänzen und zur Stimulierung der Stadt Würzburg und des Landkreises beitragen kann.
Die erlebte intensive Zusammenarbeit und die positiven Effekte der so geschaffenen Atmosphäre, ermutigen uns, das Projekt „Mobile Kulturwerkstatt“ zu entwickeln, das über einen gewissen Zeitraum Höhepunkte in den Alltag im Stadt – und Landkreis setzt und dabei soziokulturelle und umweltpolitische Aspekte im Sozialraum hervorhebt und vorantreibt.
Ziel
Neben der alltäglichen sozialen und kulturellen Arbeit mit Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen ist es wichtig, mit Aktionstagen ein Augenmerk auf derer Lebenswelten zu werfen. Nicht nur ein „Event“ oder ein „Highlight“ sind von nachhaltiger Wichtigkeit, sondern der Charakter, der darauf abzielt, gesellschaftliche Bedingungen, unter denen Menschen leben, sichtbar zu machen, ihnen ein Sprachrohr zu geben und auf langfristige Veränderungen im öffentlichen Raum hinzuwirken.
Die Mobile Kulturwerkstatt hat insbesondere die Aufgabe, Kultur und Identität der BewohnerInnen im Stadt – und Landkreis in den Vordergrund zu stellen. In Zusammenarbeit mit ihnen werden die Aktivitäten geplant und veranstaltet, die eine nachhaltige Wirkung auf die Stadt an sich haben. Ziel ist es, Anstöße zu geben und Spuren zu hinterlassen – in der Alltagsarbeit, in der Ortgestaltung, in den Lebensbedingungen für Bürger.
Ziel und Zweck des Vereins Wagenkollektiv Würzburg e.V ist somit, neben der Schaffung von Wohnraum für die Wagenbewohner, auf Grundlage möglichst mobiler Arbeitsräume eine Mobile Kulturwerkstatt zur Bereicherung des gesellschaftlichen Lebens im Stadt- und Landkreis Würzburg aufzubauen. Er soll Raum bieten, um kollektives Leben bzw. Wohnen, gemeinsames Arbeiten und gegenseitigen Ideen-, Fähigkeits- und Erfahrungsaustausch zu ermöglichen. Vor allem mit Kindern und Jugendlichen, aber auch mit Erwachsenen sollen verschiedene Freizeitmöglichkeiten umgesetzt werden, an derer Verwirklichung sie selbst beteiligt sind.
Arbeitsprinzipien
Merkmal unserer Mobilen Kulturwerkstatt ist die Atmosphäre, die zur Kreativität einlädt, die Lust macht, mit anzupacken, wo sich Menschen wohlfühlen und eine Weile verweilen, um sich vom Geschehen einfangen zu lassen. Offene Workshops laden zum Handanlegen ein, eine Bühne wird bespielt und betanzt, der Platz und die Situation der Menschen wird erforscht. Weitere Veranstaltungen, wie Festivals, Konzerte, Theater, Vorträge und Diskussionen können Aktionstage der Mobilen Kulturwerkstatt ergänzen.
Als Dauer der Mobilen Kulturwerkstatt werden ein bis zehn Tage Aktion angesetzt, die mit einem Abschluss-Spektakel ihr vorläufiges Ende finden. zum Abschluss werden die Ergebnisse der Stadt und der Öffentlichkeit präsentiert. Während der Aktionstage können die Projekte vormittags, nachmittags und abends stattfinden. Der Vormittag bietet sich an als Angebot für Schulklassen. Nachmittags ist es ein offenes Angebot für Kinder, Jugendliche, Passanten, während der Abend eher für ältere Jugendliche und Erwachsene interessant sein kann.
Kooperation
Ein wichtiger Aspekt unserer Mobilen Kulturwerkstatt ist die Kooperation mit Institutionen und Initiativen, Vereinen und Personen wie z. Bsp. der “Würzburger Rockgemeinschaft“ – „WüRG e.V.“ – “IG Rock Unterfranken e.V.“ – “Musikbahnhof 98 e.V.” – “Szene Forum Würzburg” – Stadträtin Fr. Dr. Gisela Pfannes – Fachbereichsleiter Bürgerrechte und kommunale Ordnung Hr. Dr. Alexander Hofmann, um nur einige zu nennen, die mit den örtlichen Gegebenheiten vertraut sind. So können Synergieeffekte am besten genutzt und eine gemeinsame Idee entwickelt werden, die von allen Beteiligten getragen wird. Dabei dominiert der Wunsch, dass eine Idee zu einer gemeinsamen Sache wird und alle an einem Strang ziehen. Dieser hohe Anspruch lässt sich in der Realität nicht immer vollständig einlösen, da die beteiligten Menschen mit unterschiedlichen Methoden und Voraussetzungen in der Sozial – und Kulturarbeit tätig sind. Die Erfahrungen von ähnlichen Projekten zeigen jedoch, dass in Ansätzen Grundlagen für ein gemeinsames Handeln gefunden wurden.
Bei der Planung von Kooperationsprojekten wie Aktionstage der Mobilen Kulturwerkstatt sind vier Aspekte zu beachten, die Auswirkungen auf die Ausgestaltung und Effektivität des Projekts haben:
die Individualität des Wagenplatzes / Sozialraums
Motivation der Kooperationspartner
Zeitliche Präsenz und Engagement der Beteiligten
Finanzielle Sachzwänge (Sponsoren, evtl. Auftraggeber)
Während der Aktionstage soll eine Atmosphäre des Schaffens und des Vertrauens entstehen, die darin gipfeln kann, dass Menschen ihre erarbeiteten Vorstellungen und Anregungen einer Öffentlichkeit präsentieren und Verantwortung für ihr Tun sowie für die entstehenden (Kunst-)Objekte etc. übernehmen.
Die Wagenplatzbewohner vor Ort garantieren, dass die Impulse der Aktionstage weiterwirken können. Damit ist die Chance größer, dass langfristige Veränderungen und der Aufbau einer dauerhaften Beziehung zwischen Wagenplatz und Bevölkerung erreicht werden.
Bei der Planung der Aktionstage ist die Kooperation mit städtischen und freien Trägern der Jugend- und Erwachsenenhilfe, der außerschulischen Jugendbildung, Kulturträgern und Schulen, aber auch Wirtschaftsunternehmen und die Presse ausdrücklich erwünscht. Die Koordination übernimmt ein Mitarbeiter des Vereins Wagenkollektiv Würzburg e.V Die Arbeitsbereiche der Projektleitung beinhalten Vorbereitung, Leitung und Dokumentation der Treffen, Programmentwicklung, Transparenz, Nachbereitung.
Zeitlicher Rahmen
Die Aktionstage unserer Mobilen Kulturwerkstatt zeichnen sich durch ihre lange Vorlaufzeit aus. In der Vorbereitungsphase, die mindestens vier Monate dauern sollte, sind vier bis sechs Treffen mit den beteiligten Institutionen notwendig. Die ersten beiden Treffen dienen der Orientierung und Ideenfindung. Das letzte Treffen ist kurz vor Beginn der Aktionstage. Dazwischen treffen sich die Beteiligten alle drei bis fünf Wochen, um Details inhaltlicher und organisatorischer Art zu besprechen, bzw. sich für Kunst-, Handwerk- oder Medienprojekte vorzubereiten und fortzubilden.
Die eigentlichen Aktionstage der Mobilen Kulturwerkstatt haben eine Programmdauer von einem bis zehn Tagen. Davor bedarf es jeweils drei bis fünf Tage, um den Wagenplatz vorzubereiten, bzw. Materialien und Werkzeug zu richten. Um eventuelle Produkte, die während der Aktionstage entstanden sind, adäquat aufzustellen, muß eine Woche nach den Aktionstagen einkalkuliert werden. Ein Treffen etwa einen Monat später dient der Auswertung, Nachbereitung und Anerkennung der beteiligten Personen. Eine Ausstellung von Photos und einzelnen Produkten im Winter an einem öffentlichen Ort ermöglicht es den Teilnehmern und der Bevölkerung, die Ergebnisse und Dokumentationen zu besichtigen.
Raumkonzept
Die Wirkung des Raumes ist von besonderer Bedeutung in unserem Projekt „Mobile Kulturwerkstatt“.
Der Mensch eignet sich die vorfindbare Wirklichkeit durch Tätigsein an, während er sie dabei verändert und gestaltet. Er ist Rezeptor und Akteur in einem. Der pädagogische Impuls liegt daher vor allem im Raumkonzept: Ein neuer Raum für Aktion und Kommunikation wird (auf Zeit) gestaltet. Kernstück der Raumveränderung sollen Bauwägen werden. Auf eindrucksvolle Weise verändert sich eine einfache Wiese ästhetisch und zu einem belebten Raum.
Die zehn bewohnten Wägen lassen als Wagenburg eine Atmosphäre zum Verweilen und Mitmachen entstehen. Die Wägen bergen in sich Schätze, die zur Kreativität und Auseinandersetzung einladen. Es gibt so wenig feste Strukturen wie möglich, um ein ungehindertes Zusammenfließen der Medien, Materialien und Ideen der Teilnehmer zu erhalten.
In dem veränderten Raum werden u.a. Raumgestaltungselemente gefertigt, die nach eventuellem Entfernen der temporären Raumstruktur, also der Wägen, auf dem vorher leeren Platz verbleiben.
Die sichtbaren Spuren menschlicher Aktivität zeugen von der Mobilen Kulturwerkstatt.
Beschreibung der Wagen
Der „Vereins- und Bühnenwagen“ ist die Basis für Forschung und Aktion. Mit zehn Metern Länge ist er der größte Wagen vor Ort. Er beherbergt die Büroräume und Kreativschmiede des Vereins. Ebenfalls bietet er Raum für Kulturdarbietungen aller Art. Jam-Sessions und kleinere Konzerte finden hier ein großes Publikum. Ausgerüstet mit Stühlen, Tischen und Kühlschrank bietet der Wagen als Wagenplatz-Café Möglichkeiten des Verweilens und Beobachtens.
Der „Werkstattwagen“ lädt ein, mit Materialien zu experimentieren und Erfahrungen mit Kunst-Hand-Werk-Zeug zu machen. Ein Raum beherbergt das ganze Material und Werkzeug, die für die offenen Werkstätten benötigt werden. Gearbeitet wird im Freien, vor Sonne und Regen schützt eine Plane.
Die „Wohn-Wagen“ sind die jeweils privaten, mobilen Behausungen der Wagenplatzbewohner. Unterschiedlich individuell aus- oder umgebaute Lkws, Bauwägen, Wohnwägen, Anhänger und Wohnmobile.
Mögliche Angebote
Angebote zur kulturellen Bildung:
Offene Werkstätten für Stein, Holz, Metall, Ton
überliefertes (Kunst-)Handwerk
Regenerative Energie
Naturbaustelle
Kunstprojekte
Klanginstrumentenbau
Kunstobjekte
Sport und Spiel:
Tobegeräte
Wasserspiele
Straßenspiele
Beachvolleyball
Tischtennis
Kicker
Angebote in der Kinder- und Jugendkultur:
Offene Bühne für Shows und Selbstdarstellungen
provisorischer Jugendtreff
Nachwuchsfestival
sonstige Veranstaltungen
Sonstige Angebote:
Stadtteilforschung
Modellbau
Wagenplatz-Zeitung
Computerwerkstatt
Videoworkshop
Naturerforschung
Waldsäuberungsaktionen