Die Gründe, warum sich Menschen entscheiden, in ausgebauten Fahrzeugen oder Wagen zu wohnen – und man kann in den allermeisten Fällen davon ausgehen, daß es eine bewußte Entscheidung ist, daß es nicht „irgendwie passiert“ – sind so unterschiedlich wie ihre Bewohner. Dennoch seien hier einige häufig anzutreffende Beweggründe genannt.
Wagenplätze werden von ihren Bewohnern größtenteils als Möglichkeit zum alternativem, experimentellem und eigenständigem Wohnen, zum ökologischem Leben und Handeln und künstlerischem und kulturellem Arbeiten verstanden.
Das Wagenleben wird als eine Chance gesehen, entgegen der Tendenz der Vereinzelung in der Gesellschaft in einer Gemeinschaft zusammenzuleben und trotzdem eine größtmögliche Individualität und Unabhängigkeit zu bewahren. So können viele Menschen flexibel zusammen wohnen, ohne von gemeinsamen Wohnungen oder Häusern abhängig zu sein.
Neben dem möglichen Umzug von Platz zu Platz spielt die Mobilität innerhalb des einzelnen Platzes eine wichtige Rolle: Sie ermöglicht das flexible Zusammenstellen – im wahrsten Sinne des Wortes – von „Wohngemeinschaften“. Je nach Bedarf werden die Wagen einzeln oder in Gruppen gestellt. Freiräume können abgegrenzt und städtebauliche Bezüge hergestellt werden, so daß die Bewohner immer wieder neu auf ihre sich wandelnden Wohnumfeld- und Kontaktbedürfnisse reagieren können.
Das Leben im Wagen bietet die Chance, den Innen- und Außenraum des persönlichen Lebensumfeldes selber zu gestalten. Im eigenen Wagen kann über die Art der Baumaterialien, die Anordnung der Fenster und den Ausstattungsstandard individuell entschieden werden.
Die Möglichkeit, diesen den persönlichen Wünschen, Fähigkeiten und Mitteln entsprechend kreativ gestalteten und vertrauten Wohnraum bei einem Ortswechsel nicht aufgeben zu müssen, wird als ein positiver Aspekt dieser Wohnform angesehen.
Teilweise besteht der Anspruch, durch die gewählte Wohnform möglichst naturnah, umweltverträglich und ressourcenschonend zu leben. Wichtige Aspekte sind hier die sehr geringe Bodenversiegelung, die eigene Kompostierung von organischen Abfällen, die Verwendung ökologischer Baumaterialien, ein geringer Verbrauch an Strom, der zum Teil über Solaranlagen selbsterzeugt wird und der sparsame Umgang mit Wasser, der durch die geringere Verfügbarkeit und den Einsatz von Komposttoiletten erzielt wird.
Viele Wagenplatzbewohner begreifen sich als politische Menschen, die sowohl durch ihre experimentelle Wohnform als auch durch gemeinsames Engagement in anderen Bereichen politische und kulturelle Impulse geben wollen. So kann ein Wagenplatz den Rahmen für selbstorganisierte, nicht-kommerzielle Treffpunkte und Veranstaltungen bilden.
Wohnungsnot, weniger bezogen auf die Verfügbarkeit als auf die Bezahlbarkeit von Wohnraum, sowie die Kritik an unangemessen hohen Mieten sind ein weiterer Grund, sich alternativen Wohnformen zuzuwenden. Durch die Verringerung der Lebenshaltungskosten, von denen Mietkosten in der Regel einen hohen Teil ausmachen, wird eine geringere Abhängigkeit von Erwerbsarbeit angestrebt. Der mit dieser Wohnform verbundene höhere zeitliche Aufwand für Reproduktionsarbeit (z.B. für die Brennholz- und Wasserversorgung) wird hierbei in Kauf genommen.
Aufgrund der Vielzahl der Motivationen kann von einem gemeinsamen höheren Ziel oder einer gesellschaftlichen Vision, die die Bezeichnung einer Wagenplatzbewegung rechtfertigen würde, nicht gesprochen werden. Vielmehr ist gerade bei kleineren Wagenplätzen auf dem Land und nicht selten auch bei einigermaßen abgesicherten Plätzen in der Stadt ein Rückzug ins Private zu beobachten. Dennoch besteht eine vernetzte Szene der Wagenplätze, die sich in Teilen einer politischen Bewegung zugehörig fühlt.
Quelle: http://www.wagendorf.de/studien/Schoenfeld-Pralle/Wohnen-ohne-Fundament.htm